Geschichte(n) feministischer Studentinnen am GIUZ

· by Lea Gärtner und Leah Heuri · in History, Research

Im Rahmen eines Forschungsseminars untersuchten Student:innen die Geschichte des GIUZ von den 1980ern bis heute und fokussierten dabei auf den Platz und die Entwicklung feministischer Theorien und Themen am Institut. An der Podiumsdiskussion Ende April wurden erste Ergebnisse vorgestellt, die historischen Entwicklungen beleuchtet und die Relevanz der feministischen Geographie damals wie heute mit drei geladenen ehemaligen Studentinnen diskutiert.

Die Podiumsteilnehmerinnen Eva Keller Buff, Julia Sanz und Andrea Scheller.

In den 80ern machten die Frauen unter den Studierenden am GIUZ noch eine klare Minderheit aus und wurden als solche auch nicht wirklich ernst genommen. Es gab damals fast nur männliche Dozierende, bis 1996 waren ausschliesslich Männer als Professoren angestellt. Doch mutige Studentinnen stellten sich bereits damals gegen die starren Strukturen und setzten sich mit feministischen Themen und Theorien auseinander. Vielen der Studierenden aus der kritischen Gruppe fehlte ein alternativer Input, und so suchten sie aus eigenem Antrieb Möglichkeiten, ihren Interessen nachzugehen. Beispielsweise belegten sie Veranstaltungen zur feministischen Geographie im Auslandsstudium und organisierten auch selbst Seminare und Arbeitsgruppen, in denen sie sich mit feministischen Theorien vertraut machten und diese weitervermittelten. Mit ihren Arbeiten stiessen sie oft auf Unverständnis. Viele konnten bei ihren Diplomarbeiten nicht auf inhaltliche Unterstützung von ihren Betreuenden zählen, da diese weder informiert noch interessiert waren.

Ein stetiger Kampf um die Anerkennung des Themas

Mit der feministischen Geographie wurde die männerzentrierte Forschung in Frage gestellt und der Zusammenhang von gesellschaftlicher Räumlichkeit und Geschlechterverhältnissen betrachtet. Eva Buff Keller war Mitte der 1970er eine der ersten, die sich explizit mit Frauen befasste und deren Leben und Migration in den Bergregionen der Schweiz behandelt hat. Arbeiten wie diese blieben die Ausnahme zu dieser Zeit, und nachfolgende Studentinnen mussten immer noch um die Anerkennung ihres Themas kämpfen. Julia Sanz, die in den 1980ern studierte, schaut so auf ihre Zeit am GIUZ zurück: «Immer die Frau war eigentlich unser Thema und das hat eigentlich niemand wirklich interessiert».

Visionen von damals, Realität von heute?

Ein Vergleich der Umstände, unter denen die drei Podiumsteilnehmerinnen in den verschiedenen Jahrzehnten studierten, zeigte, wie sich das Verständnis für Theorien und die Unterstützung von feministischen Arbeiten entwickelt und geöffnet hat. Der Schwerpunkt bewegte sich weg von der Frau selbst hin zum Verhältnis der Geschlechter. Auf die Frage, wie sie die heutige Situation einschätzten, antworten die Diskutantinnen dennoch ein wenig enttäuscht. Sie berichten von ihren Visionen, die sie hatten, und wie weit die Gesellschaft heute noch davon entfernt ist. «Viele der Thesen und Forderungen, die wir damals aufgestellt haben, sind heute immer noch nicht erfüllt oder gelöst. Das hat mich nachdenklich gestimmt», sagte Eva Buff Keller. Das betreffe nicht nur das GIUZ, sondern die ganze Gesellschaft.

Die Brücke zur Gegenwart spannte Karin Schwiter, die in den späten 1990ern studierte und heute als Dozentin am GIUZ tätig ist. Sie erzählte, wie sich das Verständnis von Feminismus weiter verändert hat und wie sich heute auch mehr und mehr männliche Studenten in die feministische Geographie einbringen, was damals unvorstellbar gewesen wäre.

Den Handlungsspielraum ausnützen!

Zum Abschluss gaben die Diskutantinnen Ratschläge an die heutigen Studierenden und Frauen, welche genauso kämpferisch klingen wie ihre Geschichten dies erwarten lassen. Sie zeugen von einem Leben, das sich für Frauen eingesetzt hat. So meint Eva Buff Keller, dass sie im Vergleich mit ihren männlichen Kollegen stets mehr geleistet, stets zu viel gemacht hat, und dass junge Frauen sich trauen sollen, auch mal weniger zu tun. Andrea Scheller stimmt dem zu, ergänzt aber auch: «Ich finde es auch ganz wichtig, dass man sich ermächtigt, dass man sich nicht als Opfer sieht und dann einfach sitzen bleibt, sondern man kann handeln, man kann Dinge verändern, man kann sich zusammentun.»

Die Aufbruchstimmung hält bis zum Ende der Diskussion an, und vielerorts sind die Diskussionen auch noch beim anschliessenden Apéro zu hören. Das Thema bewegt und ein Ende der Kontroversen um den Feminismus ist noch nicht in Sicht.

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Ausführlicher Bericht über die Veranstaltung mit Bildergalerie

Das Projekt wurde von Benedikt Korf, Professor für Politische Geographie, Gary Seitz, selbst Studierender in jener Zeit, und Livia Zeller, Semesterassistentin, begleitet. In einem Vortrag zeigten die vier Student:innen Lea Gärtner, Tobias Graf, Gian Grichting und Annika Hirsch den Rahmen auf, in dem sich die Studentinnen damals bewegten. Die anschliessende Podiumsdiskussion mit Eva Keller Buff, Julia Sanz und Andrea Scheller wurde von Leah Heuri, Oliver Keller und Ella Schubiger geleitet.

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