Gemeinschaft geht vor

· by Bernhard Schmid · in Research

Können wir von Pflanzen lernen? Diese Frage stellte das UZH Magazin drei Forscher:innen aus verschiedenen Fachgebieten. Eine der Antworten kommt von Bernhard Schmid, emeritierter Professor für Umweltwissenschaften am GIUZ.

Obwohl Pflanzen ortsgebunden und damit lokalen Umwelteinflüssen stärker ausgeliefert sind als Menschen, treffen sie ihre Entscheidungen rationaler als wir. In einem Versuch konnte zum Beispiel nachgewiesen werden, dass eine Pflanze zwischen zwei Bodenbereichen, je einem mit konstantem und einem mit variablem Nährstoffangebot, mehr Wurzeln im variablen Bereich produziert, wenn ihr dies langfristig einen Vorteil bringt.

Menschen bevorzugen in solchen Situationen Konstanz und gewichten Verluste stärker als Gewinne, sodass sie langfristige Vorteile nicht so gut wahr nehmen, wie dies bei der untersuchten Pflanze der Fall war. In diesem Sinne können wir von Pflanzen lernen, uns nicht von subjektiven Empfindungen leiten zu lassen, wie zum Beispiel unberechtigter Angst vor Risiken. Allerdings sollten wir dann von Pflanzen auch noch lernen, dass die Gemeinschaft wichtiger ist als das Individuum: Jede Pflanze ist selbst eine Gemeinschaft von Sprossen, Blättern und Wurzeln, die wie die Ameisen im Ameisenstaat individuell auf die Umwelt reagieren, aber Nahrung und Informationen untereinander austauschen.

Dieser Beitrag erschien im UZH Magazin 4/22 in der Rubrik «Dreisprung».

Wer mehr wissen möchte:

Schmid, Bernhard (2016). Decision-Making: Are Plants More Rational than Animals? Current Biology, 26(14):R675-R678. DOI: https://doi.org/10.1016/j.cub.2016.05.073

Bernhard Schmid ist emeritierter Professor für Umweltwissenschaften am GIUZ.

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